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Huaraz – Wortwörtlich Atemberaubend

Huaraz ist eine dieser Städte die einfach viel zu viele Hunde haben. Ich habe nichts gegen Hunde im Allgemeinen, nur gegen diejenigen, die mich grundlos zerfleischen wollen. Und wenn du eine Strasse entlang gehst und in 50 Metern Entfernung einen Hund siehst hast du keine Chance zu wissen ob der aggressiv ist oder nicht. Bis er dich anspringt. Besser die Strassenseite wechseln.

Einmal lief ich nur kurz zum lokalen Supermarkt, der lag etwa fünf Minuten von meinem Hostel entfernt. Ich sah 14 Hunde und hörte sicher 10 weitere. Die waren zum Glück alle irgendwie abgelenkt von Müll der auf der Strasse lag oder von vorbeifahrenden Autos. Oder sie kläfften bereits jemand anderen an.

Sonst habe ich an Huaraz nichts auszusetzen. Das Städtchen auf 3100 Metern über dem Meer ist nichts spezielles und wäre an sich wohl kaum einen Besuch wert, doch die nahe Gebirgsketten, die Cordillera Blanca, zieht Hardcore-Bergsteiger und Backpacker gleichermassen an.

Der Plaza de Armas von Huaraz

Der Plaza de Armas von Huaraz

Die Cordillera Blanca erstreckt sich 180km durch Peru und besteht aus mehr als 50 Bergen höher als 5700 Meter. Zum Vergleich: Der höchste Berg der Schweiz ist die Dufourspitze mit 4634 Metern. Der höchste Berg Europas ist Mont Blanc mit 4810 Metern.

Drei Mal ging ich wandern, jeweils ein Tagesausflug. Den weltbekannten, viertägigen Santa Cruz Trek hab ich mir nicht gegeben. Der ist sicher schön und alles, aber bei unter null Grad in einem Zelt zu pennen, darauf hatte ich dann doch keinen Bock. Aber zurück zu dem, was ich gemacht habe:

Mirador de Rataquenua

Nachdem ich mich am ersten Tag an die Höhe gewöhnt hatte wagte ich mich am zweiten Tag an den Mirador de Rataquenua der nur 150 Meter liegt als Huaraz. Der Weg zum Aussichtspunkt war nicht besonders spannend und bestand aus einer schlichten Schotterpiste wo mir beim halbstündigen Marsch nur ein einziges Auto entgegenkam, doch die Aussicht über Huaraz und die Berge dahinter war ausgezeichnet.

Huaraz und die Cordillera Blanca

Huaraz und die Cordillera Blanca

Kurioserweise war die Aussicht beim Aussichtspunkt fast die schlechteste der gesamten Wanderung, also ging ich schnell weiter. Der Mirador war sowieso nicht mein Ziel. Von da aus gibt es nämlich einen Rundweg der um ein kleines Tal führt und etwa drei Stunden dauert.

Der Rundweg

Der Rundweg

Es ging nochmal, ganz langsam, etwas aufwärts bis auf schätzungsweise 3400 Meter, dann führte der Weg flach an ein paar Hunden vorbei zuerst recht weit von Huaraz weg, bevor er mich in einem weiten Bogen zurück nach Huaraz leitete.

Super Aussicht in alle Richtungen

Super Aussicht in alle Richtungen

Etwa dreiviertel des Wegs ist theoretisch auch von Autos befahrbar, jedoch nicht asphaltiert. Dann gibt es eine Abzweigung gegen rechts die ich nicht gesehen hätte, wenn mich eine nette Wanderin aus der anderen Richtung mich nicht darauf aufmerksam gemacht hätte. Von da an ist der Pfad irgendwo zwischen leicht ausgetreten und inexistent.

Auf dem Weg zurück nach Huaraz

Auf dem Weg zurück nach Huaraz

Wieder zurück in Huaraz angekommen war ich ziemlich flach. Die Wanderung war zwar nicht sonderlich anstrengend und hatte nur etwa vier Stunden gedauert, doch ich hatte mich noch nicht ganz an die Höhe gewöhnt.

Laguna Wilcacocha

Am nächsten Tag schnappte ich mir ein Collectivo (Minibus) Richtung Süden und stieg bei der Puente Santa Cruz aus. Anders als am Tag zuvor, wo, einmal oben angekommen, alles ziemlich flach war, ging es hier nur aufwärts, etwa 1h 45min.

Auf dem Weg zur Laguna Wilcacocha

Auf dem Weg zur Laguna Wilcacocha

Die Gegend war generell auch mehr besiedelt und so führte mich mein Weg vorbei an vielen Häusern und sogar durch ein kleines Dörfchen. Die Wände dieser Gebäude waren meist zumindest teilweise eingefallen, was den Bewohnern aber nicht zu stören schien.

Das Dörfchen am Hang

Das Dörfchen am Hang

Unten auf der Strasse versperrte noch der Hügel auf der anderen Seite des Tals die Sicht, doch je höher ich stieg desto besser wurde die Aussicht.

Fast zu oberst

Fast zu oberst

Ich hab leider kein Weitwinkel-Objektiv für meine Kamera, so ist auf den Bildern hier jeweils nur ca. 1/4 des Panoramas zu sehen. Ich konnte meinen Kopf von ganz Links bis ganz Rechts schwenken und sah immer andere Berge bis die Kette hinter einem nahen Hügel verschwand. Ausserdem war es unglaublich klar. So weit habe ich noch nie gesehen, weder in der Schweiz noch sonstwo auf der Welt.

Unglaublich weitsichtig

Unglaublich weitsichtig

Irgendwann kam ich dann doch noch keuchend beim Seechen auf 3750 Metern über dem Meer an. Die Lagune ist nichts spezielles, wirklich nicht. Von der Grösse her eher ein Tümpel als ein See, mit ein paar Pflanzen und Enten drin, ziemlich dreckig.

Laguna Wilcacocha

Laguna Wilcacocha

Aber die Aussicht war natürlich bombastisch.

Aussicht bei der Laguna

Aussicht bei der Laguna

Nicht nur in die offensichtliche Richtung der Berge, sondern auch zu dem Hügel hin, wo sich bleiche grüne und braune Felder und Wiesen bis zum 8 Kilometer entfernten Huaraz erstreckten, unterbrochen nur hier und da von ein paar Bruchbuden.

Blickrichtung Huaraz

Blickrichtung Huaraz

Von da aus gibt es einen Weg direkt nach Huaraz, etwa 13 Kilometer, der mich einen Moment in Versuchung führte. Da ich aber nie jemanden von diesem Weg sprechen hörte in Huaraz, nie was davon gelesen hatte und er über den nächsten Hügel und hinunter ins nächste Tal zu führen schien entschied ich mich dagegen und begann den Abstieg auf dem Weg, den ich gekommen war.

Da ich aber nicht denselben Weg zurücklaufen wollte nahm ich diesmal die Strasse, was ein Fehler war. War ich bisher keinem einzigen Hund begegnet, traten mir da gleich vier zähnefletschenden Fiecher entgegen. Der erste geleitete mich schlicht unfreundlich durch sein Revier, nervt, aber okay.

Einer der wenigen friedlichen Hunde

Einer der wenigen friedlichen Hunde

Der zweite sprang plötzlich aus einem Busch und ich kriegte fast einen Herzinfarkt. Er knurrte und heulte, sprang vorwärts und wieder zurück. Seine Zähne sahen verdammt scharf aus. Ich ging so schnell wie möglich rückwärts die Strasse entlang, den Blick immer auf den Köter gerichtet, meine Arme ausgestreckt um ihn zu packen falls er mich echt anspringt. Dann verschwand er plötzlich wieder, so schnell wie er aufgetaucht war. Soll mir recht sein.

Die letzten beiden belagerten ein paar Ruinen auf dem Weg. Die sah ich zum Glück bevor sie mich sahen. Ich war mittlerweile mit einem Stein bewaffnet, hatte aber echt keinen Bock ihn zu verwenden. Also ging ich fünfzig Meter nach links zwischen ein paar Schafen hindurch und dann einfach querfeldein abwärts. Das war nicht sehr bequem aber schliesslich gelangte ich zurück auf die Strasse. Endlich wieder die Strasse, die ich gekommen war, also keine weiteren Hunde.

Laguna 69

Die nächsten beiden Tage ruhte ich mich aus. Ein bisschen Bammel vor meinem nächsten Projekt hatte ich ja schon. Die Laguna 69 liegt auf 4625 Metern über dem Meer, nur neun Meter tiefer als die Dufourspitze, der höchste Berg der Schweiz. So hoch war ich noch nie.

Da lang

Da lang

Jedenfalls brach ich dann doch noch auf; Am Morgen früh um 05:30 Uhr ging es los mit einer dreistündigen Busfahrt wo ich zum Glück noch ein wenig schlummern konnte. Auf halbem Wege hielten wir bei einem Freiluftrestaurant, wo müde Wanderer Sandwiches und Burger und Bananen mampften. Ich bestellte mir nur ein Mate de Coca, das soll gegen die Höhenkrankheit helfen.

Danach ging die Fahrt weiter und wir betraten endlich den Huascarán Nationalpark. Bald schon ragten links und rechts Wände auf, hoch wie Wolkenkratzer und dann kamen wir an einem See vorbei, wo wir einen kurzen Stopp einlegten um Fotos zu machen.

Laguna Chinancocha

Laguna Chinancocha

Dann ging es immer weiter aufwärts, doch ich merkte noch nicht viel von der Höhe. Irgendwann hielt der Bus in einer Kurve wie jeder anderen und die ganze Besatzung, vierzig Wanderer und ein Guide, stieg aus. Wir hätten drei Stunden um hoch zu wandern, erklärte der Guide, vierzig Minuten um die Laguna zu geniessen und zwei Stunden und zwanzig Minuten um wieder runter zu stolpern. Wenn jemand länger brauche als drei Stunden solle er umkehren. Sonst müssten alle Anderen warten und manche Leute haben Nachtbusse nach Lima etc.

Das erste Tal der Wanderung

Das erste Tal der Wanderung

Dann liefen wir los. Der gut ausgebaute und nicht zu verfehlende Wanderweg führte eine Weile flach durch ein Tal mit grasenden Eseln und Kühen, die uns mit dem typischen Was-willst-du-denn-Blick begutachteten. Weil ich keine Lust hatte in einer Schlange zu wandern setzte ich mich bald vom Grossteil der Gruppe ab. Dann wurde der Pfad immer steiler bis er im Zickzack einen Hang hinaufführte. Schon im Tal war die Aussicht atemberaubend, doch nun wurde sie geradezu magisch.

Der Blick zurück

Der Blick zurück

Oben angekommen erwartete mich ein winziges Seelein, jedoch nicht Laguna 69, der Wanderweg wurde wieder flacher. Ein weiteres Tal mit weiteren glotzenden Kühen später ging es ein zweites mal im Zickzack aufwärts. Die Höhe spürte ich immer noch nicht. Klar, alle zwanzig Schritte oder so brauchte ich eine kurze Pause weil mir die Puste ausging, doch ich hatte keine Kopfschmerzen oder Husten oder Übelkeit oder sonst was ekliges.

Chacraraju mit Kuh

Chacraraju mit Kuh

Ich war dann ziemlich erstaunt, als ich als erster oben ankam, nach nur zwei Stunden.

Hello :)

Hello 🙂

Ein paar andere Wanderer aus meiner Gruppe folgten bald, die restliche Gruppe stiess nach und nach dazu. Ich ass meine Banane und bestaunte den See und die über sechstausend Meter hohen Berge rundherum.

Laguna 69

Laguna 69

Auf der einen Seite der Laguna ragte der spitze Pisco auf, vom Chacraraju auf der anderen Seite floss Schmelzwasser in den See.

Chacraraju ohne Kuh

Chacraraju ohne Kuh

Mit irgendjemandem witzelte ich, ob er nicht Schwimmen gehen möchte. Das nahm jemand wohl zu ernst.

5°C vielleicht?

5°C vielleicht?

Später stieg ich noch schätzungsweise zehn Meter einen Hügel hinauf damit ich jetzt behaupten kann schon höher gewandert zu sein als jeder Schweizer Berg.

Höher als die ganze Schweiz

Höher als die ganze Schweiz

Dann, nach über eineinhalb Stunden, begann der Abstieg. Morgens war es noch angenehm kühl doch nun brannte die Sonne gnadenlos auf die baumlose Berglandschaft hinunter.

Zurück beim Bus

Zurück beim Bus

Fast den ganzen Weg zurück war ich komplett alleine unterwegs und teilweise herrschte bis auf das knirschen der Steinchen unter meinen Schuhen totenstille.

Ich weiss nicht genau, was es dann schlussendlich war; Die Höhe, zu viel Sonne, zu wenig Wasser oder die Erschöpfung, jedenfalls bekam ich dann doch noch Kopfschmerzen. Aber das war es sowas von wert gewesen.

Huaraz bot mehr als genug Möglichkeiten für schöne Fotos. Dieses Mal gibt es also wieder eine neue Galerie.

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