Home | Länder | Guatemala | Acatenango – Chilling In The Cloud

Acatenango – Chilling In The Cloud

Als ich um 5:30 Uhr morgens so da oben stand auf dem dritthöchsten Vulkan Zentralamerikas und nur Weiss sah fragte ich mich schon kurz warum ich mir das eigentlich antat.

Aber ich fange besser von Vorne an.

Nachdem ich am Samstag aufgestanden war, die üblichen Frijoles gemampft hatte und ein Paracetamol geschluckt hatte weil mein Kopf irgendwie so komisch wehtat wartete ich mit den drei Kollegen von meinem Homestay eine Stunde lang auf den Shuttlebus, der uns zum Fusse des Acatenangos bringen sollte. Es war ein schöner Tag mit blauem Himmel, wie immer seit ich in Antigua war. Als der benannte Bus dann endlich zugefahren war, stiegen wir alle ein und wurden auch gleich von ein paar weiteren Amigos begrüsst, die sich ebenfalls dazu entschlossen hatten sechs Stunden lang einen Vulkan hochzustampfen.

Wir fuhren zu einem Haus im Umkreis von Antigua um Proviant aufzuladen bevor wir die ca. einstündige Fahrt antraten die uns zu sowas wie einem Bauernhof brachte. Es gab Kücken und Kätzchen und Hundewelpen und was auch immer du dir sonst noch unter dem Wort „niedlich“ vorstellen kannst, doch das war nicht der Anlass unseres Besuchs.

Cuteness Overflow

Cuteness Overflow

Nach noch etwas mehr Warterei wurden uns aufteilbare Vierer-Zelte, Isomatten und Schlafsäcke zugeteilt, die wir den vier Litern Wasser, den Winterkleidern und dem Proviant hinzufügten, die sich bereits in unseren Rucksäcken befanden. Alles zusammen wog der Rucksack dann geschätzte 8-10 Kilo.

Danach wurden wir informiert, dass es da oben saukalt sein würde, wir ca. sechs Stunde brauchen würden um hochzustiefeln und dass wir, falls uns unser Rucksack zu schwer sei auch einen Träger mieten könnten, für 200 Quetzales (CHF 25.-). Einige der erstaunlich grossen Gruppe von vielleicht dreissig Leuten nutzten diesen Service, die meisten schleppten ihr überdimensionales Bündel aber selber.

Willst du auch einen?

Willst du auch einen?

Und dann ging es los, gleich senkrecht den Berg hoch, über Felder und Wiesen, welche von lokalen Bauern bewirtschaftet wurden. Manchmal begegneten uns Kühe oder auch Rösser auf dem breiten Pfad, welche oft von Kindern den Geröllweg hinuntergelenkt wurden. Nach etwa dreissig Minuten machten wir auf einer mächtigen Wiese das erste Mal Pause, wo wir eine sagenhafte Aussicht auf die Felder und Wiesen des Tals hatten.

Das Kind kann reiten, ich nicht

Das Kind kann reiten, ich nicht

Wenig später ging es weiter und schon bald betraten wir immergrünes Waldgebiet, welches wohlwollend Schatten spendete und spätestens da hatte ich auch die anfänglichen Kopfschmerzen abgeworfen. Weiter ging es, immer auf ausgebauten Pfaden mehr oder weniger senkrecht nach oben. Einmal kamen wir noch an einem Häuschen vorbei, wo wir unser Mittagessen, bestehend aus einem etwas zu klein geratenen Sandwich zu uns nahmen und wo ein nuschelnder Bürokrat von jedem Bergsteiger 50 Quetzales wollte, doch darüber wurden wir informiert, also zahlten wir die Gebühr.

Bald danach änderte sich die Landschaft und nach einem unheimlichen Abschnitt voller abgestorbener Bäume ging es in einem Tannenwald weiter. Da setzte auch erstmals der Nebel ein, der dichter wurde, je höher wir stiegen.

Abgestorbener Wald am Acatenango

Abgestorbener Wald am Acatenango

Den Rest des Wegs legten wir in eben diesem Nebel zurück und alle waren Froh als es hiess, in etwa eineinhalb Stunden würden wir unser Camp erreichen.

Bald begann es auch kräftig zu winden und da wir uns in einer Wolke befanden „regnete“ es auch immer wieder unvermittelt, kurz und auf zwei Quadratmeter begrenzt. Nun führte der Pfad hoch und runter, hoch und runter, doch irgendwann erreichten wir unser Ziel dann doch.

Kennst du diese Augenblicke, wenn du lange für etwas gearbeitet hast und dann ist es endlich so weit und es ist genau so wie du es dir vorgestellt hast?

Keine Aussicht

Keine Aussicht

Das war keiner dieser Augenblicke.

Der Grund warum alle auf diesen Vulkan stiegen war der benachbarte Vulkan, Fuego, welcher, anders als der Acatenango, bis heute aktiv ist und mit etwas Glück Lava in den Himmel spuckt.

Doch da war ja der Nebel und wir konnten ausser Weiss nicht viel sehen.

Fuego im Nebel

Fuego im Nebel

Wir stellten die Zelte auf, was sich als eine leichte Aufgabe herausstellte, zogen unsere warmen Kleider an, da wir uns bereits auf ca. 3600 Metern über dem Meer befanden und stellten uns ans gerade entzündete Lagerfeuer.

Bald wurde es dunkel, vom Sonnenuntergang war ebenfalls nichts zu erkennen. Es wurde das von uns hochgeschleppte Wasser erhitzt und es gab Instant-Nudeln und ein weiteres Sandwich aus unserem Proviant-Päckchen.

Später holte einer der Guides eine Flasche Whiskey hervor, die zweimal im Kreis herumgereicht wurde bevor sie leer war. Dann holte ein Träger, der wohl nur zu diesem einen Zweck angestellt wurde etwa fünfzig Bier hervor, die man für 20 Quetzales (CHF 2.50) erstehen konnte und später gab es noch eine zweite Flasche Whiskey. Im Verlaufe des Abends wurden auch noch Marshmallows gebraten und über den Nebel geflucht bis sich einer nach dem Anderen in sein Zelt verzog. Das war etwa um neun Uhr, schliesslich mussten wir am nächsten Morgen bereits um vier Uhr wieder auf den Beinen sein.

Am Lagerfeuer

Am Lagerfeuer

Doch die eh nutzlosen Versuche einzuschlafen wurden um kurz vor Mitternacht unterbrochen als ein Donnern zu hören war, gefolgt von wilden Rufen „Get Up! Get Up!“. Eine Minute später waren wir wieder beim Lagerfeuer versammelt. Der Nebel hatte sich verzogen und wir konnten die Lichter von Antigua und umliegenden Siedlungen erblicken, die friedlich unter dem sagenhaften Sternenhimmel lagen.

Doch der Grund warum wir geweckt wurden war Fuego der ebenfalls endlich sichtbar war und gerade eine riesige, schwarze Wolke in den Nachthimmel gespuckt hatte. Alle hofften ein wenig Lava zu sehen zu bekommen, doch als nach zehn Minuten immer noch nichts geschehen war zogen wir uns mürrisch in unsere Zelte zurück.

Doch noch bevor wir wieder in unsere Schlafsäcke geschlüpft waren wiederholte sich das Spielchen und erneut rannten alle raus. Doch dieses Mal gab es auch wirklich Lava zu sehen, welche leider ohne Stativ unmöglich zu fotografieren war. Es war nicht viel und kam dem Bild in unserem Kopf nicht mal nahe, doch wenigstens hatten wir Lava gesehen.

Fuego spuckte noch ein zweites Mal Lava, dann war Schluss und wir kehrten in unsere Gemächer zurück, wo wir noch zweieinhalb Stunden zu schlafen versuchten, bis vier Uhr morgens war.

Morgens war es noch dunkel

Morgens war es noch dunkel

Zu der Uhrzeit krochen wir alle langsam aus unseren Zelten, die Nacht war so klar wie wir sie verlassen hatten. Was jetzt noch anstand war der Sonnenaufgang auf dem Gipfel. Schade nur, dass sich der Gipfel immer noch eineinhalb Stunden von uns entfernt befand. Nach einem kurzen Snack brachen wir auf, die 8-Kilo-Rucksäcke konnten wir im Lager lassen. Es war stockdunkel, doch zum Glück gab es genügend Leute mit Taschenlampen. Der Pfad ging aufwärts und änderte sich bald in einer dieser Wege, bei denen man bei jedem Schritt einen halben zurückrutscht. Je höher wir stiegen, desto kälter wurde es und auch der Nebel kehrte unbarmherzig zurück und als wir endlich ganz zu oberst auf 3976 Metern über dem Meer ankamen windete es grauenhaft.

Endlich oben angekommen

Endlich oben angekommen

Erinnerst du dich an die Augenblicke, die ich vorhin beschrieben habe?

Die Sonne, weit, weit weg

Die Sonne, weit, weit weg

Das war auch keiner von ihnen.

Ab und zu war es möglich kurz einen Blick auf den Fuego oder auf das Wolkenmeer unter uns zu werfen, doch 95% der Zeit sahen wir nur unbarmherziges Weiss. Irgendwann sahen wir eine trübe, gelbe Halbkugel durch den Nebel, dann eine ganze Kugel und dann wurden wir bereits wieder von den Guides zur Eile angetrieben und brachen wieder auf.

Zurück zum Camp brauchten wir nur zwanzig Minuten und unten angekommen erzählten uns ein paar Zurückgebliebene, dass sie hier auch nicht mehr zu sehen bekommen hätten. Wir assen eine Banane, ein Yoghurt und einen süssen Apfelkuchen, was zusammen wohl das Frühstück darstellen sollten, dann begannen wir mit dem Abbau der Zelte.

Doch als wir so vor uns hin arbeiteten lichtete sich der Nebel endlich wieder ein wenig und wir konnten einen Blick auf Fuego bei Tageslicht werfen. In der Folgenden halben Stunde, die es noch dauerte bis wir Aufbrachen gab es eine etwa 50%-Chance den benachbarten Vulkan für fünf Sekunden zu sehen, wenn man sich danach umdrehte. Immerhin.

Einer der seltenen Ausblicke auf Fuego

Einer der seltenen Ausblicke auf Fuego

Danach wanderten (oder eher rutschten) wir den Vulkan wieder runter, was viel weniger Zeit beanspruchte. Irgendwann zu der Zeit war ich auch mal etwa eine halbe Stunde praktisch alleine unterwegs, was eine ganz andere Atmosphäre ergab als mit einundzwanzig Leuten vor und achtzehn hinter mir.

Total idyllisch wiedermal

Total idyllisch wiedermal

Jedenfalls ging es alles wieder runter. Aus Tannenwald wurde wieder Dschungel und aus Dschungel wurde wieder Wiesen und Felder.

Runter geht es viel schneller

Runter geht es viel schneller

Als wir wieder auf derselben Wiese ankamen, auf der wir bereits am Vortag ausgeruht hatten vereinbarte ich mit ein paar Freunden Crêpes essen zu gehen und mit ein paar anderen Freunden in ein BBQ-Restaurant zu gehen, welches für ihre grossen Portionen bekannt war. Jedenfalls ass ich an dem Tag noch genug.

Buen Provecho!

Buen Provecho!

Mehr Bilder zu Acatenango und Fuego gibt es wie üblich in der Bildergalerie!

Schreibe einen Kommentar