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Von schreienden Tierschützern und gemäldeverkaufenden Raubtieren

Während der Bus mit offener Tür vor sich hin rollte fragte ich mich wieder mal wo ich hier gelandet war. Kurz zuvor war er losgefahren, als ich erst mit einem Bein im Bus war. Yogyakarta ist.. speziell. Aber ich beginne besser mit den beiden Gründen, warum ich hergekommen bin: Borobudur und Prambanan.

Borobudur

Borobudur hat mich etwas enttäuscht, ich kann aber nicht wirklich etwas negatives darüber schreiben. Ich hatte einfach mehr erwartet von einem der grössten buddhistischen Tempelanlagen Südostasiens.

Die weltberühmten Stupas von Borobudur

Die weltberühmten Stupas von Borobudur

Borobudur ist wirklich so schön wie es immer heisst mit seinen vielen Stupas und den unzähligen Buddha-Statuen. Trotzdem war es eine zweistündige Fahrt mit dem dubiosen Transportsystem Yogyakartas dorthin, der Eintritt von 300‘000 IDR (ca. 20.-) war auch nicht gerade gering und schlussendlich war ich in knapp einer Stunde durch. Denn anders als bei Prambanan gibt es nur diesen einen Tempel und das wars.

Borobudur aus der Ferne

Borobudur aus der Ferne

Prambanan

Prambanan ist eine Tempelanlage, respektive ein riesiger, grüner Park der mehrere Tempelanlagen enthält. Der hinduistische Candi Prambanan bildet dabei das Zentrum des Areals und ist der Grund weshalb all die Touristen herkommen.

Der erste Blick auf Prambanan

Der erste Blick auf Prambanan

Prambanan hat mich überall begeistert, wo Borobudur mich enttäuscht hat. Auf den Postkarten sind meist fünf Türme zu sehen: Der Haupttempel sowie vier etwas kleinere Tempel in der gleichen spitzen Form. In Wirklichkeit wird das 47 Meter hohe Hauptgebäude aber von etwa 250 weiteren Tempeln umgeben. Davon sind aber die Meisten schon lange eingestürzt und es sind nur noch viereckige Schutthaufen zu sehen. Noch mehr Schaden wurde durch ein Erdbeben 2006 angerichtet, wo ebenfalls viele Tempel (wieder) eingestürzt sind.

Überbleibsel kleinerer Tempel rund um Prambanan

Überbleibsel kleinerer Tempel rund um Prambanan

Dies ist auch beim zweiten grossen Tempel zu sehen, dem buddhistischen Candi Sewu: Das prachtvolle Hauptgebäude ragt zwischen unzähligen kleinen Ruinen auf, von denen nur noch wenige ihre frühere Form von spitzen, niedrigen Türmen beibehalten konnten.

Candi Sewu mit umgebenden Ruinen

Candi Sewu mit umgebenden Ruinen

Die Nähe dieses buddhistischen Tempels zum hinduistischen Candi Prambanan ist der beste Beweis dafür wie zwei Religionen im Einklang nebeneinander existieren können.

Beim Candi Sewu, bei einem der wenigen stehengebliebenen Türmchen in den umliegenden Ruinen wartete ich auch auf den Sonnenuntergang.

Candi Sewu vom Eingang aus

Candi Sewu vom Eingang aus

Dabei las ich die letzten Kapitel von Das Lied von Eis und Feuer, was unglaublich zur Atmosphäre passte: Ich hatte eine unglaubliche Aussicht auf den Haupttempel und weil das Türmchen vergleichsweise klein und unspektakulär war störte mich auch niemand beim Lesen.

Aus dem Sonnenuntergang wurde leider nichts; Weit über dem Horizont wurde die Sonne einfach von einer grauen, undurchdringlichen Wolke verschluckt…

Prambanan mit Sonnenuntergang

Prambanan mit Sonnenuntergang

Etwas gestört haben mich die unaufhörlichen Bauarbeiten, die hauptsächlich beim Candi Prambanan stattfanden. Natürlich sind die vollkommen nachvollziehbar, irgendwer muss die Steine ja wieder aufeinanderstapeln und der Wiederaufbau ist seit fast hundert Jahren im Gange.

Yogyakarta

Yogyakarta, ach Yogyakarta… Ich weiss immer noch nicht was ich von der Stadt halten soll. Sie ist so ganz anders als die Städte, die ich bisher besucht habe. Kleiner zum einen, aber auch weniger touristisch, weniger zivilisiert, weniger bemüht. Doch gerade deshalb ist die Kultur Indonesien, die Lebensweise der Einheimischen umso spürbarer. Ausserdem werde ich das Gefühl nicht los, dass die Leute hier einen Knall haben, oder besser gesagt einen Vogel.

Hast du einen Vogel?

Nein? Willst du einen? Dann bist du auf dem Bird Market in Yogyakarta an der richtigen Adresse! Darf es vielleicht ein Papagai sein? Oder doch lieber ein gefärbtes Kücken?

Du darfst sogar die Farbe wählen!

Du darfst sogar die Farbe wählen!

Wie wärs mit einem Hahn? Ach, du magst keine Vögel? Dann haben wir auch noch viele andere Tiere im Angebot: Strubbelige Hamster und flauschige Hasen, Maden, Heuschrecken und anderes leckeres Ungeziefer, unglaublich traurig dreinblickende Hunde und miesepetrige Katzen, Babyschildkröten und tausend verschiedene Fische, die teilnahmslos in ihren Aquarien vor sich hin blubbern.

Die Käfige auf dem Bird Market

Die Käfige auf dem Bird Market

Aber mal ganz im Ernst, beim Anblick dieses Bird Markets würde jeder Tierschützer schreiend davonlaufen und einen empörten Brief schreiben. Tiere werden zu zwanzigst in einem Käfig gehalten, dass für eines gebaut wurde.

Überbevölkerung ist auf Java ein grosses Thema

Überbevölkerung ist auf Java ein grosses Thema

Bei den Hasen und Hamster zum Beispiel waren die Käfige so eng, dass die Nager übereinander lagen. Der oben genannte traurige Hund sah aus als hätte er sein ganzes Leben noch nie Auslauf gehabt.

Der hat allen Grund traurig dreinzublicken

Der hat allen Grund traurig dreinzublicken

Gleich daneben war ein Käfig mit einem zweiten Hund darin. Ob der tot war oder sich nur tot stellte, da war ich mir nicht sicher, jedenfalls hatte er verdrehte Augen und die Zunge hing etwas aus dem Mund. Die Katzen in ihren Käfigen währenddessen sahen wie üblich aus als gehöre das alles zu ihrem Plan die Weltherrschaft an sich zu reissen.

Jalan Malioboro

Die Malioboro-Strasse bildet das Zentrum Yogyakartas. Die Autos und Motorräder tuckern auf der Hauptstrasse dahin, während die Kutschen und Becak (Fahrrad mit bequemem Sitz vor dem Lenkrad) eine eigene Spur haben. Wie üblich wird man von jedem zweiten Einheimischen mit „Transport, transport!“ oder „Hey Mister! Where do you go?“ begrüsst. Die Gehwege sind wie häufig in Asien hoffnungslos überfüllt: Wurde er nicht in einen Motorrad-Parkplatz umgewandelt oder von Kleiderständern überstellt, hat sich bestimmt gerade eines dieser Mini-Restaurants breitgemacht.

Die Jalan Malioboro bei Nacht

Die Jalan Malioboro bei Nacht

Bei diesen setzt man sich auf den von Matten abgedeckten Boden und bekommt auf kniehohen Tischchen sein sagenhaft günstiges Essen serviert. Ich fand das Prinzip super, die Umsetzung leider nicht: Mein Eistee war trotz 50% Eisgehalt warm, das Fleisch zäh und im Reis fand ich Kieselsteine.

Wie auch immer, wenn man Kleider kaufen will ist man hier richtig, denn geschätzte 90% der Läden hier verkaufen genau das. Abends treten Strassenmusiker mit Trommeln und Xylophon-ähnlichen Instrumenten auf, wozu manchmal auch ein kurioser Tanz aufgeführt wird.

Kreaton Yogyakarta

Im Palast des Sultans (Kreaton Yogyakarta) habe ich irgendwas falschgemacht, jedenfalls war ich in zehn Minuten fertig damit. Ich bezahlte den Eintritt und ging hinein. In grossen Innenhöfen standen überdeckt reihenweise Töpfe und alle möglichen antiken Möbelstücke.

Der Palast des Sultans aus der Ferne

Der Palast des Sultans aus der Ferne

Bald bemerkte ich, dass eigentlich alle mit Guides herumlaufen, ich hab aber keinen angeboten bekommen, weder gratis noch gegen Bezahlung. Und so hatte ich gar keinen Bezug, was all das Zeug überhaupt war. Und das war auch das Einzige was es zu sehen gab. Der „Palast“ war weder schön noch eindrücklich, es war einfach nur ein grosses Gebäude.

Irgendwo im Innern des Sultanpalasts

Irgendwo im Innern des Sultanpalasts

Normalerweise nehme ich mir keine Guides, weil ich die Sehenswürdigkeiten lieber auf eigene Faust erkunde, aber in diesem speziellen Fall wäre ich echt froh um einen Guide gewesen… Naja, wahrscheinlich hätte ich schon einen bekommen wenn ich ganz lieb gefragt hätte, aber ehrlich gesagt hatte ich gar keine Lust alte Töpfe anzuschauen und wenn sie noch so heilig wären.

Taman Sari

Genau das Gegenteil erlebte ich beim Taman Sari, dem Wasserpalast. Hier sprang mich mein persönlicher Guide an wie ein Raubtier und liess mich nicht mehr los bis ich zum fünften Mal ablehnte eines seiner Gemälde zu kaufen. Aber von vorne, denn eigentlich hat er seinen Job recht gut gemacht.

Die Becken des Wasserpalasts

Die Becken des Wasserpalasts

Der Guide zeigte mir die verschiedenen Becken des Palastes und erklärte mir wofür sie genutzt wurden. Da gab es das Kinderbecken, das für die Erwachsenen und das Privatbecken des Königs, eh, des Sultans. Ausserdem gab es Umkleideräume und des Sultans Gemächer in denen er mit seinen zwanzig Konkubinen schlief.

Der Handwerker bei der Arbeit

Der Handwerker bei der Arbeit

Als wir den kleinen Palast auf der anderen Seite verliessen wurde mir ein Handwerker vorgestellt, der langsam kleine Löcher in einen weissen Stoff prägte. Etwa vierzig Tage dauert der Prozess, erzählte mir mein Raubtier, danach würde der Stoff noch kunstvoll bemalt, was weitere zwei Wochen dauert. Der ganze Vorgang nennt sich dann Batik Painting. Der Handwerker zerrte mich in seinen kleinen Laden und präsentierte mir seine vielen, durchaus schönen Gemälde. Ich versicherte ihm mehrmals, dass ich kein Gemälde brauche, bis er schliesslich von mir ablies. Als nächstes ging es zum Haus des Guides, wo das ganze Spiel von vorne begann.

Einige fertige Batik Paintings

Einige fertige Batik Paintings

Vredenburg Museum

Ehrlich gesagt habe ich keinen blassen Schimmer von der Geschichte Indonesiens. Bevor ich zum Vredenburg Museum bin wusste ich eigentlich nur, dass mal die Niederländern zum Besuch vorbeischauten. Das Vredenburg Museum erzählt vom Kampf um die Unabhängigkeit Indonesiens, der ziemlich genau während oder kurz nach dem zweiten Weltkrieg stattfand. Ich brauchte für die 55 kunstvoll gestalteten Dioramas etwa eine Stunde und bezahlte umgerechnet ca. 60 Rappen.

Fazit

In Yogyakarta begegnete mir mehrmals das Angebot Borobudur und Prambanan an einem Tag zu machen. Somit wäre Yogyakarta theoretisch in einem Tag machbar, doch davon rate ich ab.

Aussicht vom Hostel

Aussicht vom Hostel

Die Sehenswürdigkeiten in der Stadt sind zwar nicht so überragend, man sollte aber trotzdem etwas Zeit hier einplanen, denn Yogyakarta selbst ist die eigentliche Sehenswürdigkeit: Man muss nur auf die Strasse gehen und wird von allen Seiten mit der Kultur Indonesiens bombardiert, zumindest empfand ich so.

Keine Angst, etwa jeder fünfte Bus fährt mit geschlossener Tür.

Weitere Bilder wie immer auf Flickr.

2 Kommentare

  • Beni Baumeler sagt:

    Hey Stefan,
    Super Bericht. Super Ruinen. Super viele Steine. Am besten hat mit gefallen:
    „Die Katzen in ihren Käfigen währenddessen sahen wie üblich aus, als gehöre das alles zu ihrem Plan die Weltherrschaft an sich zu reissen.“ Cool, weiter so. Papi

  • Edith sagt:

    Hallo Stefan
    Danke für den tollen Blog.
    Sehr faszinierend der hinduistische Tempel Prambanan.
    Die Tiere in Yokyakarta aber schon sehr traurig, auch wenn die roten, gelben und grünen Kücken lustig aussehen.
    Vielleicht ist ein Guide für die Zukunft eine ganz gute Investition 🙂

    Ich wünsche dir weiterhin spannende Erlebnisse.
    Bis bald Mami

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