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Einfach mal Nichts

Der heutige Beitrag ist anders als die Anderen, die ich bisher geschrieben habe. Ich habe die letzten paar Tage keine spannenden Abenteuer erlebt und keine wahnsinnigen Leistungen erbracht, nein, ich habe fast nichts gemacht.

Jeden Tag organisieren, jeden Tag was besichtigen, neue Eindrücke. Wandern gehen, krank werden, vor Affen und tollwütigen Taxifahrern flüchten, Flüge buchen, schlechtes Hostel erwischen, weiterreisen, weiterreisen, weiterreisen. Irgendwann, ja irgendwann geht das an die Substanz. Reisen ist anstrengend, körperlich und auch psychisch. Ein Fulltime-Job.

Ein Fluss in Padang

Ein Fluss in Padang

Und wenn sich das über Monate hinzieht beginnen einen die vielen Erlebnisse und Eindrücke plötzlich zu belasten. Man hat keinen freien Kopf mehr, wenn es wichtige Entscheidungen zu treffen gibt, ist dauernd gestresst und müde. Und man kommt nie zur Ruhe, man will ja gar nicht zur Ruhe kommen, man will was besichtigen, was erleben, Abenteuer. Bis man irgendwann gar keinen Bock mehr auf Abenteuer und Sehenswürdigkeiten hat. Plötzlich will man lieber mal den ganzen Tag an den Strand liegen und lesen, in einen bequemen Sessel im Hostel sitzen und einen Film schauen oder, in meinem Fall, irgendwas programmieren.

Ein Opelete, ein normaler Anblick in Padang

Ein Opelete, ein normaler Anblick in Padang

Ach ich vermisse das Programmieren, ich hätte nicht gedacht dass ich es so vermissen würde. Nur beim Programmieren konnte ich mich immer über Stunden hinweg auf etwas fokussierend und dabei alles Andere vergessen. Leider kann ich auf meinem Android-Tablet nicht programmieren… Aber zurück zum Thema.

Abschalten ist gar nicht so einfach, wie es sich anhört. Gedanken wie Jetzt bin ich an so einem schönen Ort mit dem und jenem zu tun, das kann ich doch jetzt nicht einfach weglassen! oder Bin ich jetzt um die halbe Welt gereist nur um hier zu LESEN? geisterten mir im Kopf rum, wenn ich es bisher versuchte. Es fühlt sich falsch an, den Touristenkram nicht zu machen, es fühlt sich falsch an auf die Frage von anderen Reisenden, was ich denn heute vorhabe zu antworten „Nah, just relaxing…“.

Ein Ausstellungsstück im kleinen Museum

Ein Ausstellungsstück im kleinen Museum

Und doch konnte ich so nicht ewig weitermachen, ich brauchte eine Pause, ein Timeout. Und Padang ist dafür wie geschaffen: Im positiven und negativen Sinne. In der kleinen Stadt gibt es absolut nichts zu tun. Es gibt ein kleines Museum, bei dem die Schilder nur in Indonesisch angeschrieben sind, aber das war es auch schon.  Es gibt praktisch keine Touristen hier. Wenn ich auf die Strasse gehe winkt mir jeder zweite Einheimische zu oder glotzt mich an als hätte er einen Alien gesehen. Sie sind aber alle immer sehr freundlich. Die Verkäuferin im Café, dass ich ein paar mal besucht habe begrüsste mich stets mit „Hello Mr. Steven!“. Die meisten Reisenden bleiben hier nur für eine oder zwei Nächte und reisen dann weiter nach Jakarta, Bukittinggi oder zu den Mentawai-Inseln.

Müll ist auch hier ein Problem

Müll ist auch hier ein Problem

Ich bin eine ganze Woche hier und so werde ich fast gezwungen mal einen Gang runterzuschalten. Ich merke langsam wie aus Oh, schon wieder weiterreisen… Okay, stimmt, ich hab hier ja alles gesehen… wieder Na endlich geht’s weiter! wird. Und genau das ist das Ziel der Sache.

Es ist ja nicht so, als würde mir das Reisen nicht mehr gefallen, ich habe in den letzten zwei Monaten schlicht so viel erlebt, wozu ich gar nie die Zeit hatte darüber nachzudenken und wirklich zu realisieren was ich gemacht habe. Vor der Reise habe ich Routine gehasst. Jetzt bin ich froh, mal nicht täglich jeden Schritt planen zu müssen, für eine Weile jeden Tag dasselbe tun zu können. Ich würde viel geben um für eine Weile, vielleicht eine Woche, in mein altes Leben schlüpfen zu können.

Die Sonne geht bereits um 18:30 Uhr unter

Die Sonne geht bereits um 18:30 Uhr unter

Das ist aber nicht Heimweh, denke ich, denn ich will ja weiterreisen, es fehlen mir nur ein paar Sachen die zu Hause normal waren, hier aber die Ausnahme oder unmöglich sind.

Das sind ganz gewöhnliche Dinge: Eine funktionierende Müllentsorgung, eine warme Dusche, Brot, eine Rösti, Pünktlichkeit, generell alle Leute verstehen zu können, Preise nicht immer umrechnen zu müssen.

Aber nur keine Panik, Morgen fliege ich in die Philippinen wo es genau so weitergeht wie bisher,.vielleicht ein wenig langsamer, was aber auch diesem Blog zugute kommen könnte. Ich werde wieder viel erleben (und darüber schreiben), sofern ich nicht von einem Typhoon weggeblasen werde. Ich freu mich drauf!

2 Kommentare

  • Beni Baumeler sagt:

    Hoi Stefan

    Nichts tun, und das ausgiebig 🙂

    Sehr ehrlich und authentisch, dein heutiger Artikel. Ich denke, du solltest einfach mal einen schönen Ort suchen, dort etwas länger bleiben und vielleicht Leute kennenlernen. Reisen heisst ja nicht, jeden Tag was neues zu entdecken. Endtecke die asiatische Langsamkeit, du hast ja keine Eile. Ok, schon bald geht es weiter. Neue Eindrücke, neue Menschen, neue Abenteuer. Du schaffst das, aber nicht alles auf einmal.

    Liebe Grüsse – Papi

  • Edith sagt:

    Hallo Stefan

    Danke für deine persönlichen Worte. Bald bist du zwei Monate unterwegs und du hast bereits so viel erlebt und reichlich Erfahrungen gesammelt. Du konntest nun ein paar Tage herunterfahren und deine Gedanken ordnen und das ist gut so. Es in Zukunft etwas langsamer angehen, wird der Schlüssel zu mehr Gelassenheit sein. 🙂
    Nun reist du weiter in die Philippinen. Ein neues Land, andere Kultur und weitere Erlebnisse. Nimm es easy…..:-) und viel Spass,

    Herzlichst
    Mami

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