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Die Insel im See

CHF 6.50 kostete es jeden von uns die Reise von Granada nach Ometepe zurückzulegen. Zuerst nahmen wir den Chicken Bus, dann ein Colectivo, dann eine Fähre und zum Schluss noch einen Shuttlebus, dann waren wir endlich da, am Ende der Welt, in Merida.

Wir waren zu dritt, wobei „wir“ einen Schweden, ein Finnen und mich beinhaltet. Die beiden anderen kannten sich bereits. Der Schwede kam gerade von den Bergen Nicaraguas, einem weniger entwickelten Teil des Landes während niemand so genau wusste, wo der Finne die letzten zehn Tage war. Wir wussten nur, dass er da der einzige Tourist weit und breit war.

Jedenfalls trafen wir am Ende der Welt noch einen weiteren Schweden, den ich bereit von León kannte. Dieser hatte einen Terroristenbart und ein Lachen, welches die Erde erzittern lies. Er reist am liebsten in Teilen der Erde wo sein Bart hinpasst und findet es spannend wenn eine Bombe in der Stadt hochgeht, in der er sich gerade aufhält.

Aber in Merida gibt es keine Bomben. Merida ist sehr friedlich. Vielleicht sogar zu friedlich. Merida ist einer dieser Orte wo du drei Zentimeter lange Insekten in deinem Waschbecken findest und darüber hinwegsiehst, weil der Ort sonst so schön ist. Bis auf unser gemütliche Hostel und die perfekte Aussicht gab es da aber wirklich nicht viel zu bestaunen.

Concepción und Sonnenuntergang

Concepción und Sonnenuntergang

In dem winzigen Dörfchen, welches nur über eine fünf Kilometer lange Schotterpiste zu erreichen ist, gab es genau vier Restaurants von welchen keines eine Karte hatte. Du kannst da nur wählen welches Fleisch du haben willst, alles andere ist immer dasselbe: Reis, Frijoles (Bohnen) und Platanos (frittierte Bananen). Gut aber eintönig.

Einmal wurden wir von einem zwanzigjährigen Einheimischen eingeladen im Restaurant seiner Tante zu Essen. Der Typ hatte ein riesiges Lächeln im Gesicht und am selben Abend nahmen wir die Einladung an. Das Essen war das Beste, welches wir auf ganz Ometepe finden konnten. Doch es stellte sich heraus dass der Typ mit dem Lächeln lächelte weil er schon etwas angetrunken war und nun, ein paar Stunden später, war er etwas mehr als nur angetrunken. Er erzählte in seinem gebrochenen Englisch, dass er ein Guide sei und Leute auf den Vulkan führe und das er sehr gerne wandert und gerade Vater geworden sei und seine Tante hasse und dass sie ihm kein Essen verkaufe (weil er Flaschen im Zeug rumschmiss, wie wir später erfuhren) und so weiter.

Das Hostel hatte auch ein Restaurant (mit Menu), doch das war doppelt so teuer wie die Anderen. Doch die Unterkunft hatte dafür andere Annehmlichkeiten. Überall warteten Hängematten auf müde Reisende und es gab auch einen Steg raus in den riesigen See, der mehr wie das Meer wirkte als sonst irgendwas. Von da aus gingen wir jeweils im mindestens 30°C warmen Wasser schwimmen und von da aus beobachteten wir auch den Sonnenuntergang über dem Vulkan, der sich auf der anderen Seite der Insel erhob.

Habe ich schon erwähnt dass es auf Ometepe zwei Vulkane gibt? Des einen Namen lautet Concepción, darüber sahen wir jeweils die Sonne versinken. Er besteht hauptsächlich aus dunkelgrauem Geröll und lässt sich innert zwölf bis vierzehn Stunden hinauf- und wieder hinuntersteigen. Der andere Vulkan auf der Insel heisst Maderas und ist ganz anders. Er ist etwas niedriger und dicht bewachsen mit knallgrünem Dschungel. Ihn kannst du in acht bis neun Stunden bewandern.

Der dicht bewaldete Maderas

Der dicht bewaldete Maderas

Ich war auf keinem der beiden. Naja, ich stieg etwa die Hälfte der Distanz den Maderas hinauf, wo es einen bezaubernden Wasserfall gab. Der Weg führte vier Stunden durch genannten Dschungel und das genügte mir eigentlich auch schon.

Der Wasserfall am Maderas

Der Wasserfall am Maderas

Ausserdem war ich mit dem Terroristen Fahrrad fahren. Das war keine so gute Idee. Wir mieteten die Fahrräder in Merida und die nächsten vierzig Minuten holperten wir über die tragische Strasse zurück nach Santa Cruz. Ja, die Strasse nach Merida ist so beschissen, dass sie sogar für Fahrräder ungeeignet ist. Wir hätten den Ausflug besser per Chicken Bus unternommen. Auf der Strasse sahen wir Hühner, Kühe und Pferde, manche davon ohne Besitzer.

Eine wilde Strasse

Jedenfalls kamen wir dann mit schmerzenden Hintern in Santa Cruz an. Eine der Sehenswürdigkeiten, die wir da sehen wollten waren ein paar Petroglyphen (antike Steingravuren) aber diese waren so unspektakulär dass ich sie nicht mal fotografiert habe. Eine weitere Attraktion war aber ein Aussichtspunkt, wo wir zwar ausser dichtem Dschungel nicht viel sehen konnten, doch da oben wehte ein herrlicher Wind und wir verbrachten die heisseste Stunde des Tages da oben.

Später gingen wir noch zum Strand und fanden es so schön da, dass wir uns entschlossen die Zelte in Merida abzubrechen und noch ein paar Tage da zu verbringen.

Der neue Strand

Der neue Strand

Doch zunächst fuhren wir noch mit den Fahrrädern weitere vierzig Minuten zurück über die holprige Strasse. Es war gerade Sonnenuntergang und Concepción hatte einen wolkigen Hut auf.

Concepción mit Hut

Concepción mit Hut

Wir erfuhren, dass die anderen beiden aus unserer kleinen Reisegruppe den Tag genutzt hatten um sechs Liter Bier zu trinken und an diesem Tag sonst nicht viel unternommen hatten. Wir gingen zurück zur Tante um zu Abend zu essen, den lächelnden Flaschenwerfer trafen wir nicht mehr an.

Am nächsten Morgen fuhren wir an den Strand und faulenzten den ganzen Tag in den Hängematten auf der Terrasse des neuen Hostels. Das einzige spannende an diesem Tag war der Skorpion, der mich gleich zweimal in den Oberschenkel pikste. Das tat saumässig weh, eher wie zweihundert Stiche am ganzen Bein als nur zwei, war aber nicht gefährlich. Es gab einen punktuellen, roten Ausschlag, doch nach zwei Stunden war der Schreck auch schon wieder vorbei.

Unser neues Hostel

Unser neues Hostel

Am Tag darauf besuchten wir noch das Ojo de Agua, das „Wasserauge“. Ich stellte mir das ganze Erlebnis etwas natürlicher vor, wie eine der Cenoten in Mexiko und nicht nur einen einfachen Pool.

Ojo de Agua

Ojo de Agua

Zum Schluss gibt es nur noch zu sagen, dass es dieses Paradies wohl nicht mehr lange geben wird. Du kennst wahrscheinlich den Panamakanal. Das Ding ist, den Chinesen genügt der nicht mehr. Sie wollen einen neuen Kanal, den Nicaragua-Kanal. Wenn du mal auf die Karte schaust wirst du feststellen, dass sich der Nicaraguasee dafür recht gut anbietet. Tolles Projekt, oder?

Falsch. Einerseits würde das den ganzen See verpesten, welcher ganz nebenbei das grösste Trinkwasser-Reservoir Mittelamerikas darstellt. Keine gute Idee wenn du mich fragst. Desweiteren würden geschätzte vierhunderttausend Quadratmeter Regenwald zerstört, in welchem gefährdete Tiere wie etwa der Jaguar leben und etwa hunderttausend Menschen wohnen, welche überwiegend der indigenen Bevölkerung angehören.

Alles in allem hätte der Bau katastrophale Folgen. Das Tragische daran ist, dass der Bau bereits von Nicaraguas Regierung abgesegnet wurde. Jetzt liegt es nur noch an der Finanzierung. Glücklicherweise schwankt diese gerade. Wir werden ja sehen wie sich das entwickelt. Ich empfehle den See noch zu besuchen bevor ein Öltanker ausgelaufen ist.

Weitere Bilder gibt es wie üblich in der Galerie.

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