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Willkommen in der Geisterstadt!

Ich stehe vor einem riesigen Parkplatz, gebaut für hunderte von Autos. Leer. Ich gehe ein Stück in die eine Richtung und stosse auf ein Monument. Ich bin abgesehen von einer Putzfrau der einzige Besucher. Krähen krächzen. Der Typ der nahen Moschee krächzt zurück. Der Wind eines aufziehenden Sturms weht mir in den Ohren. Ich höre die Wellen des künstlichen Sees, wo ein paar Gärtner die Grünanlagen warten.

Eine der vielen Günanlagen Putrajayas

Eine der vielen Günanlagen

Alles ist grün hier: Entlang der Strasse wurden Gärten mit Bäumen und Sträuchern und Wiesen angelegt. Doch ich begegne kaum einem Passanten, der diese Schönheit mit mir bewundert hätte. Es hat Verkehr, doch nur wenig und nur gerade hier an der Hauptstrasse, welche die Insel einmal schnurgerade überquert.

Der Boulevard, der quer durch Putrajaya führt

Der wenig ausgelastete Boulevard

Ich habe hunger, doch die Restaurants dieser Stadt lassen sich an einer Hand abzählen. Auch sonst gibt es keine Geschäfter und auch Hostels sucht man hier vergebens. Einige Luxushotels gibt es, aber die würden mein Budget bei weitem sprengen. Nach der Flut von Einkaufscentren und Kommerz in Kuala Lumpur und Singapur ein seltsamer Anblick.

Ich schreibe hier von Putrajaya, der Verwaltungsstadt Malaysias. Die Regierung Malaysias kaufte hier Mitte der 90er-Jahre Land um eine neue Stadt zu errichten, wo alle Parlamente und die gesamte malaysische Regierung untergebracht werden sollten. Die Lage war optimal: Nahe am Flughafen, nahe an Kuala Lumpur und doch mitten im Grünen. Es wurde jahrelang gebaut.

Die Persiaran Barat aus der Ferne

Die Persiaran Barat aus der Ferne

Die meisten Parlamente zogen 2005 von Kuala Lumpur hierher nach Putrajaya. Doch die Geschäfter folgten nicht. Strassenstände, Märkte, kleine Restaurants an jeder Ecke und ein 7-Eleven immer in Sichtweite, so zeigte sich mir Malaysia bisher, doch Putrajaya ist ganz anders. Die beinahe einzigen Bewohner dieser Stadt sind Regierungsangestellte. So bleibt die Bevölkerung weit unter den Erwartungen der Regierung. Was bleibt ist eine zwar wunderschöne aber halbleere Geisterstadt mit leeren Parkplätzen, kaum benutzten Strassen und Parkanlagen und ein nie fertiggestelltes Monorail-Netz.

Die Seri Gerilang Bridge, Putrajaya

Die Seri Gerilang Bridge, Putrajaya

Putrajaya gibt sich touristenfeindlich: Erst nach einer halben Stunde Fragerei und zig unterschiedlichen Richtungsangaben bekomme ich endlich eine klare Antwort auf meine Frage, welcher Bus nun von der Zugstation zur Insel fährt. Später will ich mir ein Fahrrad mieten, doch das sei nur am Wochenende möglich, wie mir ein lächerlich fetter Typ in einem Tourismusbüro versichert. Die Fahrräder stehen draussen vor der Tür, doch ich darf mir keins schnappen. Also laufe ich den ganzen Tag quer über die rund fünf Kilometer lange Insel. Generell scheint Putrajaya nur am Wochenende geöffnet zu haben: Mehrere Touristenattraktionen wie eine Bootsfahrt, eine gratis Busrundfahrt sind nur Samstags und Sonntags verfügbar. Ich bin an einem Montag hier.

Die Moschee von Putrajaya

Die Moschee von Putrajaya

Die Moschee hat trotzdem geöffnet. Der prächtige Bau ist wunderschön anzuschauen, von Innen wie von Aussen. Gleich nebenan finde ich das Parlamentsgebäude, bei dem ich mir nicht sicher bin, wie weit ich mich nähern darf.

Das Parlamentsgebäude Putrajayas

Das Parlamentsgebäude Putrajayas

Der Sturm kommt dann doch nicht. Nach ein paar schweren Tropfen öffnet sich der Himmel wieder und die Sonne strahlt vom blauen Himmel herunter. Irgendwann habe ich genug gesehen und nehme den nächsten Bus zur Zugstation. Zurück ist immer einfacher, da weiss man die Busnummer meist schon, oder zumindest wie die Busstation heisst. Wie scheinbar die meisten Busse in Malaysia dreht auch dieser Bus noch etwa drei Runden um das nächstgelegene Quartier, bevor er zu meinem Ziel kurvt. Ich schlafe ein, aber das macht nichts; mein Ziel ist die Endstation.

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