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Mit dem Fahrrad nach Genf – Teil 1: Bis zum Umfallen

30°C, die ganzen vier Tage lang. Das klingt doch super, oder?, dachte ich  mir am Donnerstag Morgen, als ich mein Zelt das zweite Mal diesen Sommer hinten auf mein Fahrrad packte. Meine Fahrradtour um den Zürichsee lag zwar erst vier Tage zurück aber eine Gelegenheit wie diese wollte ich mir natürlich nicht entgehen lassen. Durchs Entlebuch nach Bern solls gehen, dann weiter am Neuenburgersee entlang nach Yverdon-les-Bains und schliesslich nach Genf.

Im Land der tausend Kühe

Ich war bereits im Jahr zuvor mit dem Fahrrad nach Bern gefahren, damals aber über Sursee, Huttwil und Sumiswald. Nun wollte ich die Route duchs Entlebuch nehmen, so fuhr um neun Uhr los, zuerst durch Neuenkirch und Hellbühl, dann nach Ruswil. Obwohl ich nun schon vier Jahre in Neuenkirch wohne und das Dorf nur ein paar Kilometer entfernt liegt, war ich noch nie in Ruswil. Naja, viel gab es da auch nicht zu sehen, also fuhr ich nach Wolhusen, wo die Strasse langsam begann zu steigen. Auch die Temperatur stieg nun an, deshalb holte ich die kleine Tube Sonnencreme hervor. Leer. Verflucht. Es war ein Feiertag (Fronleichnam), deshalb hatten alle Läden bis auf Tankstellenshops geschlossen. Ich werde mir erst morgen eine neue Tube kaufen können. Sonnenbrand ich komme!

Ruswil

Ruswil

Von hier bis nach Escholzmatt war fast immer irgendwo eine Kuh in meinem Blickfeld oder ich hörte das Klingeln einer Kuhglocke. Ich folgte nun dem Veloweg Nr. 24, der mich hinauf nach Doppelschwand, dann weiter an Entlebuch (723 m ü. M.) vorbei nach Habschwanden auf 849 m ü. M führte. Da verging mir die Lust am Bergauf fahren. Ich verliess den Veloweg und fuhr hinunter ins Tal, wo ich einen schönen Weg an der Kleinen Emme entlang fand, der mich bis nach Schüpfheim brachte. Da fand ich auch den Fahrradweg Nr. 24 wieder, dem ich, leider mehrheitlich an der Hauptstrasse entlang, bis nach Escholzmatt folgte. Nun war ich auf 858 m ü. M. am höchsten Punkt des Tages angekommen, also machte ich eine Pause um meinen Landjäger zu mampfen. Aus Morgen war bereits Mittag geworden, Sonnenbrand hatte ich aber zum Glück noch keinen. Am Nachmittag wurde es immer wärmer und ich konnte mich über die 30°C kaum noch freuen. Ich fuhr nachmittags mehrheitlich auf Hauptstrassen, doch es ging meist abwärts: An Langnau im Emmental vorbei, durch Signau und Grosshöchstetten nach Worb und um etwa fünf Uhr schliesslich nach Bern.

Das Bundeshaus

Da fühle ich mich gleich total politisch engagiert

Aare you relaxed?

Als ich mein Zelt auf dem Camping direkt an der Aare aufstellte bemerkte ich, dass meine Arme nun schon einen ungesunden Rotton angenommen hatten. Ich richtete mich fertig ein und lief an der Aare entlang ins Stadtzentrum. (Vom Fahrrad hatte ich im Moment genug.) Von den Städten die ich bisher von der Schweiz gesehen habe, fand ich Bern immer die schönste. Die Stadt hat kulturell und architektonisch einiges zu bieten, doch das haben andere schweizer Städte auch. Was mir aber an Bern schon bei meinem letztjährigen Besuch gefallen hat war die gechillte Atmosphäre, die ich sonst noch in keiner Stadt fand. Ich sah bei beiden Besuchen niemanden, der gestresst wirkte, alle schienen Spass zu haben und das Leben zu geniessen.

Die Aare

„Chills“

Nachdem ich etwas gegessen und die Altstadt ein wenig bewundert hatte ging ich den Weg an der Aare entlang zurück zum Camping. Schon beim waren mir die vielen Leute aufgefallen, die sich in der Strömung der Aare treiben liessen. Das wollte ich jetzt auch probieren, trotz dem Schild mit der Aufschrift „Wassertemperatur: 15°C“.

Die Strömung war erstaunlich stark und plötzlich ergaben die Warnschilder mit Wörtern drauf wie „gefährlich“ und „nur für erfahrene Schwimmer“, die überall rumstanden mehr Sinn. Doch schlussendlich traute ich mich doch rein und liess mich treiben. Das fühlte sich schon toll an, das Wasser war aber schon ziemlich kalt, also zog ich mich schon bald wieder raus. Den Rest des Abends sass ich einfach an der Aare und genoss die Atmosphäre.

Bis zum Umfallen

Am nächsten Morgen weckte mich um sechs Uhr die Sonne, die nach und nach mein Zelt erhellte. Ich stand auf, räumte meine Sachen zusammen und fuhr zum nächstbesten Laden um mir etwas zum Essen und Sonnencreme zu holen. Der erste Laden hatte (um viertel nach Sieben) noch geschlossen, der zweite, von derselben Kette, hatte geöffnet. Ich verliess Bern Richtung Westen und fand mich bald schon in Frauenkappeln wieder.

Die Altstadt von Murten

Die Altstadt von Murten

Morgens war die Temperatur noch angenehm, so kam ich gut vorwärts: Über Mühleberg und Gempernach kam ich nach Murten, was mir von meinen Eltern empfohlen worden war. In dem kleinen Ort fand ich ein schönes Städtchen, was mich an Sempach erinnerte. Auch eine super Aussicht auf den Murtensee gab es zu bestaunen. Weiter fuhr ich dann nach Avenches, wo es ein Amphitheater und eine ähnlich schöne Aussicht wie schon in Murten (aber ohne See) zu sehen gab.

Amphitheater in Avenches

Amphitheater in Avenches

Nun war es bereits wieder Nachmittag und die Hitze war drückender denn je. Es war so heiss dass ich die Luft über den Strassen flimmern sah. Gestern war ich bereits um die 85km gefahren, heute bisher weitere 50. Ich war erschöpft und die Hitze gab mir dann den Rest. Von Avenches wollte ich eigentlich direkt an den Neuenburgersee um am Ufer entlang nach Yverdon-les-Bains zu fahren. Das gelang mir eher schlecht als recht, so fuhr ich nach Grandcour und kam erst in Estavayer-le-Lac an den See.

Schon seit Murten führte mein Weg über weite Felder und die Aussicht war immer wunderschön. Der Nachteil aber war, dass es kaum Schatten gab. So war ich, als ich in Estavayer-le-Lac ankam mehr als zwei Stunden mehr oder weniger immer der prallen Sonne ausgesetzt gewesen und dementsprechend K.O. Ich war so fertig, dass ich mein Fahrrad einfach neben dem Tor zur Altstadt stellte und mich, ans Tor lehnend, in dessen Schatten setzte. Vielleicht trifft es auch das Wort „zusammenbrach“ ein wenig besser.

Estavayer-le-Lac

Estavayer-le-Lac

Im zweiten Teil nächste Woche erfährst du ob ich je wieder aufgestanden bin oder immer noch da sitze, während ich das hier schreibe. 😉

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