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Ausbildung zum Informatiker – Ein Fazit

Mit meinem Englischwörterbuch aus den 70ern neben mir sass ich mit rund achtzig anderen Lehrlingen in der Stadthalle und warte auf den Englischtest, den letzten der vier Teile der Lehrabschlussprüfung. Der Englischtest war dann der einfachste, doch wie alle anderen Tests war er typisch für die Berufsschule:

Unklar gestellte Fragen und vom Inhalt her völlig realitätsfern. Nach knapp vier Jahren Berufslehre konnte ich noch immer praktisch nichts aus der Berufsschule im realen Leben gebrauchen.

Englischwörterbuch

Englischwörterbuch

Die Berufsschule

Vor vier Jahren, nach dem Abschluss der Sekundarschule, dachte ich eigentlich, dass das mit dem sinnlosen lernen jetzt ein Ende hätte, dass ich über das unterrichtet würde, was mich auch interessiert, nämlich Informatik. Falsch gedacht. Informatik gab es im Lehrbetrieb, alles andere in der Schule. Im nachhinein muss ich sagen, dass ich ca. 75% des in der Berufsschule gelernten Stoffs nie wieder brauchen werde. Das ist mehr als in der Sekundarschule…

Vielleicht werde ich irgendwann in fünf, zehn Jahren mal ein Zustandsdiagramm zeichnen müssen und dann kann ich sagen: „Haha! Das kann ich! Das habe ich in der Berufsschule gelernt!“ Wahrscheinlicher ist aber, dass ich bis dahin aber schon längst vergessen habe wie so ein Zustandsdiagramm überhaupt aussieht und noch wahrscheinlicher ist es, dass mir mein Leben lang kein Zustandsdiagramm mehr begegnen wird. Im Betrieb habe ich das jedenfalls nie gebraucht, ganz zu schweigen von den geschätzten acht (und gefühlten fünfundzwanzig) anderen Diagrammen, die wir zu lernen hatten.

Aussicht vom Bürgenstock 2006

Aussicht vom Bürgenstock 2006

Die Lehre war nicht schlecht, im Gegenteil, doch die Schule lies schon viel zu wünschen übrig: Ob es nun komplett überflüssige Kurse waren oder die Tische mit den eingebauten Monitoren, bei denen man immer nur die unteren 2/3 sah oder die Tatsache, dass bei einigen Fächern einfach niemand zuhörte, weil der Lehrer eher verwirrte als etwas beibrachte, die 32bit-Computer mit 16GB RAM oder dass an allen Ecken und Enden gespart wurde. Wenn dann noch ein Lehrer beinahe ein Feuer legt, fragt man sich schon…

Was ich eigentlich sagen will ist, dass die Noten, die schlussendlich in meinem Zeugnis stehen in keinem Verhältnis stehen zu dem, was ich in diesen vier Jahren wirklich gelernt habe. Nicht theoretisch (keine Diagramme!), sondern praktisch.

Der Betrieb

Im Geschäft lernte ich C#, ASP.NET und (MS)SQL programmieren sowie JavaScript, HTML und CSS. Ich lernte wie eine richtige Applikation aufgebaut ist und wie man tausende von Zeilen an Code verwaltet. Vom Betrieb aus kam die Motivation, der Spass am Programmieren, so lernte ich privat auch noch PHP, SASS, mySQL und (jetzt) WordPress. Das werde ich brauchen! Egal wo ich als Applikationsentwickler arbeiten werde: 80% ist genau das, was der Name eigentlich aussagt: Applikationen entwickeln!

Sonnenaufgang in Rain 2006

Sonnenaufgang in Rain 2006

Doch all das wurde an der LAP nicht getestet. Sattdessen wurden wir zu Projektmanagement und Rasenmäher-Algorithmen befragt.

Aber die Informatiklehre wurde ja jetzt umstrukturiert. Davon kann ich jetzt leider(?) nicht mehr profitieren.

Fazit

Zum Glück habe ich das hinter mir. Das hoffe ich jedenfalls, die Noten bekommen wir erst im Juli. Aber ich bin da optimistisch. Naja, die Allgemeinbildungs-Prüfung fehlt mir noch, die ist anfangs Juni. Aber dann habe ich bald meinen Abschluss als Informatiker und darf mich „Informatiker Fachrichtung Applikationsentwicklung mit Eidgenössischem Fachausweis“ nennen.

2 Kommentare

  • Emilio sagt:

    Liest sich super gut und ich habe köstlich gelacht! ;-))

    Mach weiter mit deinem Blog und saug die Welt in dich auf!

    So als Idee für deinen Blog:
    – schiess tolle Bilder
    – blogge häufig und
    – richte ein PayPal Spendenkonto ein damit du länger reisen kannst!!! §8-)

    Cheers & have fun Stefan
    Emilio

    • Stefan sagt:

      Hoi Emilio

      Merci für die Tipps. An den ersten zwei Punkten arbeite ich, an den 3. habe ich noch nicht gedacht, werde ich mir aber überlegen. Schön, dass dir der Blog gefällt!

      Stefan

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